
Composers: Johannes De Cleve
Released: 2020
Label: Hyperion records
Code: CDA68241
Description
Welcome to Hyperion Records, an independent British classical label devoted to presenting high-quality recordings of music of all styles and from all periods from the twelfth century to the twenty-first.
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Carole qui veniens[5’34]
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Missa Rex Babylonis[32’55]
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Laudate Dominum[4’35]
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Timete Dominum[4’42]
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Credo quod redemptor[5’55]
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However cultivated the European centres of Habsburg imperial power may have been, few could regularly have boasted musicians of the calibre of Cinquecento. Their ongoing exploration of Franco-Flemish repertoire from the sixteenth century uncovers major works by Johannes de Cleve and Jacobus Vaet.
Reviews
PERFORMANCE
RECORDING
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Jacobus Vaet (um 1529–1567, ausgesprochen „Waat“) stand bereits im Mittelpunkt früherer Aufnahmen von Cinquecento (Hyperion CDA67733 und CDA67579). Er wurde in Kortrijk (Courtrai) geboren und erhielt seine Ausbildung zum Musiker an der bedeutenden Stadtkirche Unserer Lieben Frau. Wohl schon als Knabe lernte er die Musik Nicolas Gomberts kennen, der an dieser Kirche eine Pfründe in Abwesenheit genoss. Wahrscheinlich war es Pieter Maessens, Kapellmeister des Königs und späteren Kaisers Ferdinand I., der Vaet nach Wien brachte. Maximilian II., der Sohn Ferdinands, schätzte Vaets Musik besonders und ernannte ihn zum Kapellmeister der Residenz in Wiener Neustadt. In Vaets Schaffen finden sich einige Motetten zu Ehren seiner habsburgischen Dienstherren. Sein Horizont blieb aber nicht lokal beschränkt. Er stand im Austausch mit anderen flämischen Hofmusikern wie Orlando di Lasso in München und Giaches de Wert in Mantua.
Ähnlich verlief die Laufbahn von Johannes de Cleve (1528/9–1582). Sein Geburtsort (Kleve?) ist ebenso unsicher wie der Ort seiner Ausbildung (Niederlande?). Jedenfalls erschienen 1553 in Antwerpen erstmals Kompositionen von ihm im Druck. Im selben Jahr wurde er zum Tenor in der Kapelle Ferdinands I. in Wien ernannt. 1559/60 unternahm er eine Reise in die Niederlande, um weitere Sänger für die kaiserliche Kapelle anzuwerben. Um sein Ansehen bei Hof zu mehren, widmete er Ferdinand 1559 zwei Motettensammlungen. Nach dem Tod des Kaiser 1564 fand er Anstellung in der Kapelle von Erzherzog Karl, Ferdinands jüngstem Sohn, der in Graz residierte. 1570 bat er, aufgrund körperlicher Schwäche von seinen Pflichten entbunden zu werden. Karl gewährte ihm eine Rente von 200 Gulden unter der Bedingung, dass er die Kapelle weiter mit Kompositionen belieferte. De Cleve ging zunächst nach Wien, um sich dann in Augsburg niederzulassen. Dort erschien 1579 seine Sammlung Cantiones seu harmoniae sacrae. In seiner Widmung an Erzherzog Karl erwähnt de Cleve seinen langen Dienst für das Haus Habsburg, dessen Mitglieder die Musik stets sehr förderten. Die Sammlung enthält mehrere „Staatsmotetten“ wie die Epitaphien auf Ferdinand I., Maximilian II., Karl Friedrich von Jülich-Kleve-Berg und Sätze mit Widmung an Rudolf II. und Erzherzog Karl. Insgesamt enthalten die gedruckten Werke de Cleves nicht weniger als dreizehn Stücke zu Ehren des Hauses Habsburg.
Vaets Motette Rex Babylonis, gedruckt 1568, weist viele Züge auf, die man sonst mit der Musik Nicolas Gomberts in Verbindung bringt. Obwohl nur für fünf Stimmen gesetzt, ist die Satzweise sehr wuchtig gehalten; Pausen sind selten, die Mittelstimmen dicht geführt. Darin unterscheidet sich Vaets Satz etwa von jenem Josquins, der vielstimmige Sätze gern zu Duos aufbrach, oder dem Palestrinas, der den gleichzeitigen Einsatz aller Stimmen meist für Höhepunkte aufsparte. Gleichwohl macht die syllabische Vertonung Vaets den Text verhältnismäßig gut verständlich.
De Cleve nahm Vaets Motette Rex Babylonis als Ausgangspunkt für das Missa Rex Babylonis, eine Komposition des Mess-Ordinariums, also all jener Teile der Messliturgie, die das Kirchenjahr hindurch gleichblieben. Bei diesem sogenannten Parodieverfahren wurde charakteristisches Material eines Stücks, häufig einer Motette oder eines weltlichen Liedes, zur Grundlage einer ganzen Messkomposition. Das Parodieverfahren steht im Gegensatz zu dem Verfahren von Komponisten früherer Generationen, älteres melodisches Material, häufig aus der Gregorianik, zu langen Tönen auszudehnen, die schließlich das Grundgerüst des Kontrapunkts bildeten.
Wesentlich für das Parodieverfahren ist nicht einfach das mechanische Kopieren, sondern die schöpferische Neudeutung des Vorbilds. So beginnt Vaets Motette im Superius (der höchsten Stimme) mit dem charakteristischen Sprung über eine kleine Sexte, bald darauf eine Oktave tiefer im Tenor nachgeahmt; die übrigen Stimmen fangen dagegen mit einem Quintsprung an. Die Kunst de Cleves liegt darin, wie er das Material Vaets auftrennt und neu zusammenfügt. Zu Beginn des Gloria etwa wird der auffällige Sextsprung in allen Stimmen zum Kopfmotiv—außer im Bass, der einzig den Quintsprung wahrt. Außerdem zieht de Cleve die Einsätze leicht auseinander und schafft so eine etwas weniger dichte Satzweise. Die Wiederkehr von musikalischem Material des Vorbilds, jeweils in unterschiedlicher Verarbeitung, verleiht der Parodiemesse satzübergreifende thematische Einheit.
Wie meisterlich de Cleve den Kontrapunkt beherrschte, zeigt sich in seiner fantasievollen Behandlung der kontrapunktischen Themen. So beginnt in Carole qui veniens der Superius mit einer starken melodischen Geste: einem Quintfall. Die folgende Stimme kehrt diesen zu einem Quintsprung um; alle Stimmen setzen mit einem Quintsprung oder einem Quintfall ein. Ein wichtiges Mittel der Polyphonie zur Vermeidung von Eintönigkeit ist die varietas (Vielfalt) durch neuere Techniken wie gelegentliche chromatische Färbung. Mit dem charakteristischen Quintfall beginnt auch Carole cui nomen, sodass eine thematische Verbindung zwischen diesen beiden „habsburgischen“ Sätzen entsteht. Möglicherweise stammen auch die Texte beider Motetten—deren Sinn sich nicht ganz erschließt—von de Cleve. Carole qui veniens steht am Beginn der Cantiones seu harmoniae sacrae und knüpft damit eng an die Widmung der Sammlung an; de Cleve stellt sich so als Schützling des Erzherzogs dar. Der Text spielt auf die verwickelten Verwandtschaftsverhältnisse im Haus Habsburg an: Der Widmungsträger Karl wurde nach seinem Onkel Karl V. benannt und war gleichzeitig der Sohn eines Kaisers (Ferdinand I.) sowie Onkel bzw. Bruder zweier weiterer Kaiser (Rudolf II. und Maximilian II.). Carole cui nomen ist die Klage über den Tod eines anderen Karl: des oben erwähnten Karl Friedrich von Jülich-Kleve-Berg, Sohn des Herzogs Wilhelm des Reichen und Marias von Österreich, Tochter Kaiser Ferdinands I., der 1575 in Rom neunzehnjährig an den Pocken starb. Dieser Schlag erschütterte die gesamte Dynastie und sollte indirekt zum Verlust von Reichsgebiet an Preußen führen. Carole cui nomen ist das einzige Stück der Aufnahme, das auf einem cantus firmus beruht: einer unbekannten Melodie zum Text aus Hiob 1: 21, der häufig bei Begräbnissen zu hören ist. Und wieder hebt der Text Verwandtschaftsverhältnisse und Namensbedeutung von Mitgliedern des Herrscherhauses hervor: er deutet den Namen „Friedrich“ als „Friedens-reich“.
Die übrigen hier aufgenommenen Stücke de Cleves zeigen, wie empfänglich er gegenüber dem Stil zweier Zeitgenossen war, die schon im 16. Jahrhundert als Ausnahmeerscheinungen galten: Palestrina (1525/6–1594) und Lasso (1530/32–1594). Welche hohe Wertschätzung diese beiden Komponisten genossen, lässt sich schon äußerlich daraus ersehen, wie oft ihre Werke nachgedruckt wurden und wie weit sie verbreitet waren. De Cleves gleichsam als Stilsynthese geschaffene Musik beweist sein offenes Ohr für Entwicklungen in der Musik seiner Zeit.
Laudate Dominum weist mehrere Züge auf, die stilistisch auf Orlando di Lasso verweisen, etwa manche unerwarteten harmonischen Fortschreitungen und Trugschlüsse („cadenze sfuggite“), in denen der Bass nur um eine Sekunde absteigt (V–IV), statt zur finalis zurückzukehren (V–I). Ebenso erinnert an Lasso der häufige Gebrauch von Homophonie und von wortbedingten Rhythmen, die Silbenlänge und Wortbetonung widerspiegeln statt des grundlegenden musikalischen tactus. Alle diese Mittel werden bereits in den ersten zehn Takten des Stücks eingesetzt. Varietas kommt zum Zuge, wenn de Cleve etwa den Abschnitt „Sicut erat in principio“ in dreizeitigem Grundschlag komponiert oder wenn der Superius gegen Ende des Stückes auf die Worte „et in saecula“ chromatisch geführt wird.
Timete Dominum ist einem Stil gehalten, der an Palestrina erinnert: Wohlklang, geprägt von vollkommener Balance zwischen dem Fortschreiten in Schritten und in Sprüngen sowie von geschmeidigem, regelgemäßem Gebrauch von Dissonanzen. Das Stück folgt dem weichen, gleichsam modern klingenden ionischen Modus, dem heutigen Dur-Tongeschlecht: Die Furcht des Herrn, die dem Hörer hier angetragen wird, gibt nicht Anlass zu Schrecken, sondern verspricht Trost. Obwohl C das harmonische Zentrum des Stücks bildet, erweitern manche unerwarteten harmonischen Wendungen den tonartlichen Rahmen, etwa wenn der erste Teil unverhofft auf E schließt. Die Motette Credo quod redemptor weist viele ähnliche harmonische Züge auf und strahlt auch die gleiche ruhige Gelassenheit aus. Hier findet sich zudem Wortmalerei nach Madrigal-Art: Auf das Wort „terra“ bewegen sich die Stimmen zum Tiefpunkt ihres Ambitus; auf „surrecturus sum“ („aus der Erde erhebe“) bewegen sie sich schrittweise nach oben.
In manchen Werken de Cleves spiegelt sich die komplizierte konfessionelle Lage wider, in der sich das Kaiserreich im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts befand. Nach dem Tridentinischen Konzil (1545–1563) verstärkte die katholische Kirche ihre Anstrengungen, Gebiete zurückzugewinnen, die sie durch die allmähliche Verbreitung von lutherischem und calvinistischem Gedankengut eingebüßt hatte. Doch war es alles andere als klar, worin sich die eine Religiosität von der anderen unterschied. Kaiser Maximilian II. etwa stand den Protestanten durchaus aufgeschlossen gegenüber. In den 1570er-Jahren wandte der Prager Pfarrer Andreas Gigler die lutherische Ausrichtung am Evangelium auf den katholischen Kontext an. 1574 veröffentlichte Gigler eine Gesang Postill: eine Sammlung von Evangelientexten in Versform, als Lektionar anwendbar auf das ganze Kirchenjahr und angeregt durch den lutherischen Kantor Nikolaus Herman. In Giglers Buch finden sich auch Liedsätze von de Cleve auf zwanzig lutherische Melodien.
Der Text zu Es wel uns Gott genedig sein ist eine Paraphrase Luthers über den 67. Psalm, verfasst wohl 1523 als Schlusssegen zu seiner evangelischen Neufassung der Messliturgie. Der Text wurde bald schon auf verschiedene Melodien gesungen; nach und nach setzte sich jedoch eine phrygische Melodie durch, die erstmals 1524 in Straßburg bezeugt ist. Diese Melodie nahm de Cleve als Grundlage seines fünfstimmigen polyphonen Satzes. Er steht auch in den Cantiones seu harmoniae sacrae, wo er als einziges Stück in deutscher Sprache hervorsticht. Unklar ist, warum de Cleve es in seine Sammlung aufnahm. Wollte er damit Luthers Botschaft fördern oder sie unterwandern? Ist der Satz eine Hommage an die friedensstiftende Politik Maximilian II., oder gibt es noch einen anderen Grund? Der Tenor, der die Liedmelodie bringt, setzt als letzte Stimme ein. Die markante Melodiegestalt wird jedoch durch Vorimitationen in den anderen Stimmen vorbereitet, ein Satzmittel, das der erste große lutherische Polyphoniker Johann Walter häufig anwandte.
Damit gibt diese Programmzusammenstellung einen Blick auf die musikalischen Vorlieben und Entwicklungen der kaiserlichen Kapellen im 16. Jahrhundert: die Freude an reicher Ausgestaltung des Satzes, die den Glanz der habsburgischen Schutzherren widerspiegelt und jene großen Kirchen und Säle erfüllen konnte, in denen die Herrscher sich so gerne zeigten; ein offenes Ohr für Anregungen von außen; und schließlich ein ganz direktes Verhältnis zu jener zeremoniellen, lateinischen Huldigungsdichtung, wie sie so typisch für den Humanismus des 16. Jahrhunderts ist.
Grantley McDonald © 2020
Deutsch: Friedrich Sprondel